Lieferverzug, was tun?

Lieferverzug, was tun? Lieferverzug bei Neuwagenbestellung im Autohaus

Was kann man bei Lieferverzug tun? Diese Frage stellen sich viele Kunden, welche einen Neuwagen im Autohaus bestellt haben.

Wie muss man bei Lieferverzug vorgehen? Welche Fristen sind bei Lieferverzug einzuhalten? In erster Linie muss man seine Ansprüche beim Lieferverzug geltend machen und sich die genauen Lieferfristen und Liefertermine anschauen.

Dabei ist vor allem darauf zu achten, ob die Lieferfrist verbindlich oder unverbindlich angegeben wurde. Weiteres kann man dem Kaufvertrag des Autohauses entnehmen, ist dies nicht zu entnehmen, sollte man sich vor Ort erkundigen und nachfragen.

Es gibt rechtlich entscheidende Unterschiede ob verbindlich oder unverbindlich, mittlerweile wird vom Autohaus eigentlich überhaupt kein Liefertermin mehr verbindlich festgehalten, zum Selbstschutz.

Liefertermine und Lieferfristen

Unverbindliche Liefertermine kann das Autohaus grundsätzlich nach den ZdK Bestimmungen folgend überziehen:

  • 6 Wochen Überziehungsfrist für nicht vorhandene Neuwagen beim Händler
  • 10 Tage für bereits vorhandene Neuwagen beim Autohändler
  • 14 Tage für beim Autohaus vorhandene neue Nutzfahrzeuge

Der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe e. V. ( ZdK ) vertritt in erster Linie die Interessen der deutschen Automobilhändler, deshalb richten sich Autohändler und Autohäuser oftmals auch an dessen Bestimmungen und Regelungen.

Obwohl natürlich die AGB und Bestimmungen des Autohändlers Vorrang haben, sind auch gesetzliche Regelungen verankert welche ebenfalls vom BGH als Leitlinie angesehen werden.

Folgende Vorschriften gelten bei Lieferverzug, Lieferfristen, Schadensersatz und Rücktritt vom Vertrag:

  • § 280 BGB Schadensersatz wegen Pflichtverletzung
  • § 286 BGB Verzug des Schuldners
  • § 323 BGB Rücktritt wegen nicht oder nicht vertragsgemäß erbrachter Leistung
  • § 325 BGB Schadensersatz und Rücktritt

Natürlich möchte man nicht sofort klagen oder vom Kaufvertrag zurücktreten, deshalb kommt bei Lieferverzug im Autohaus in erster Linie erst § 286 BGB in Frage.

In diesem Passus ist auch eine Regelung vorgesehen, wenn ein unverbindlicher oder verbindlicher Liefertermin vereinbart wurde. Die meisten Autohäuser und Autohändler vermerken auf dem Bestellformular einen “unverbindlichen Liefertermin” dies ist auch völlig legitim, immerhin möchte der Händler bei Lieferverzug durch Andere nicht selbst in diesen geraten.

Unverbindlicher Liefertermin

Und weil die meisten Bestellungen mit einem “unverbindlichen Liefertermin” versehen sind, ist der Kunde in der Pflicht, den Händler anzumahnen bei Lieferverzug.

Wer hier nicht selbständig tätig wird, könnte lange Zeit auf sein neues Auto warten und immer wieder vertröstet werden, besonders Absatz (4) in § 286 BGB räumt dem Händler einen besonderen Schutz zu und zwar wenn er den Lieferverzug und dessen Umstände nicht selbst zu vertreten hat.

Grundsätzlich darf ein Händler den unverbindlichen Liefertermin um bis zu 6 Wochen überziehen, manche Händler verankern in ihren AGBs und Kaufverträgen auch Fristen von bis zu 8 Wochen ( bitte nachlesen ).

Vorgehensweise beim unverbindlichen Liefertermin

  • Händler schriftlich ( Einschreiben ) anmahnen und in Verzug setzen
  • Dem Händler schriftlich eine weitere Frist von 2 Wochen einräumen zur Lieferung, ansonsten Rücktritt vom Kaufvertrag

Um gute Chancen zu haben, sollte man immer schriftlich ( Beweislast ) kommunizieren, so kann man sich später auf seine Rechte und Pflichten berufen.

Wenn der Händler in Verzug gesetzt wurde, muss er für jede weitere Verzögerung der Lieferung aufkommen und Schadenersatz leisten, in der Regel sprechen wir hier von 5% der Kaufsumme.

Wer dem Händler weitere 2 Wochen zur Lieferung eingeräumt hat, kann nach Ablauf dieser Frist vom Kaufvertrag zurücktreten, welcher dann umgehend erlischt. Wenn ein Schaden entstanden ist, kann man zusätzlich Schadenersatz verlangen, wobei hier eine Deckelung von 25% des Kaufbetrages gilt.


!!! Wichtig hierbei !!!

Bei höherer Gewalt wie Naturkatastrophen, Streik beim Händler oder Hersteller kann man nichts machen. Hier verlängern sich die Lieferfristen und Liefertermine um die Dauer der anhaltenden Störung und müssen vom Käufer hingenommen werden.

Oft ist es schwer höhere Gewalt nachzuvollziehen und mancher Autohersteller versteckt sich auch hinter solchen Aussagen, eine eigenständige Recherche im Internet wirkt manchmal Wunder und man kann klare Argumente an den Tag bringen. Leider ist es oft so, dass man viel Zeit und Schreibarbeit in solche Fälle stecken muss, wer diese Zeit nicht hat, muss sich wohl nach einem passenden Rechtsbeistand umsehen.


Eine gute Nachricht gibt es an dieser Stelle dennoch, wer mindestens 4 Monate auf seine Lieferung wartet, kann definitiv vom Kaufvertrag zurücktreten.

Verbindlicher Liefertermin

Bei einem verbindlichen Liefertermin sieht die Sachlage wieder etwas anders aus, hier schießen sich Händler und Hersteller ein Eigentor.

Bei Überschreitung des Liefertermins tritt der Händler nämlich sofort und ohne vorherige Mitteilung in Verzug. Hierbei kann der Käufer sofort Ersatz für den Schaden verlangen, als Richtlinie gelten auch hier 5% vom Kaufpreis (leichte Fahrlässigkeit).

Um Fristen zu wahren und beim Autohändler für ein klares Statement zu sorgen, sollte man in Folge dessen auch hier eine 2 Wochen Frist setzen ( schriftlich ) und um Lieferung bitten.

Nach Ablauf dieser Frist kann ebenfalls vom Kaufvertrag zurückgetreten werden und bei Bedarf Schadenersatz verlangt werden, auch hier gilt die Deckelung auf maximal 25% des Kaufpreises.

Schadenersatz ist nicht gleich Schadenersatz!

In erster Linie muss man hier unterscheiden zwischen Verzugsschäden und Schadenersatz nach Rücktritt vom Vertrag.

Für den Verzugsschaden wird vorausgesetzt, dass der Händler bereits in Verzug geraten ist und durch verspätete Lieferung bereits ein Schaden entstanden ist, welcher bei einer fristgerechten Lieferung nicht entstanden wäre. ( Beispiel: Auto wird benötigt und ein Leihauto musste her ).

Hierbei gelten die oben beschriebenen Fristen, man sollte jedoch einen genauen Blick in die AGB des Kaufvertrages werfen. Viele Händler beschränken solche Verzugsschäden auf einen bestimmten %-Satz.

Beim Schadenersatz ist die Voraussetzung, den gesamten Ablauf eingehalten zu haben und dies auch schriftlich festgehalten zu haben. Weiterhin muss der Schaden beziffert werden und nachweisbar sein, damit auch ein Schadenersatz verlangt werden kann.

Die oben angesprochene Deckelung ist hier anzuwenden, wenn im Kaufvertrag keine abweichenden Angaben gemacht wurden, ansonsten hilft nur Rechtsbeistand eines Fachanwaltes.

Verlorene Freizeit und entgangene Urlaubstage berechtigen zum Beispiel nicht eine Preisminderung zu fordern, dies wäre vor Gericht sehr schwer nachzuweisen und zu argumentieren.

Wie muss ich genau bei Lieferverzug vorgehen?

Hier führe ich nochmals die Punkte auf, welche bei einem unverbindlichen Liefertermin einzuhalten sind:

  1. Händler schriftlich in Verzug setzen (am besten per Einschreiben mit Rückschein)
  2. Mit der 2 Wochen Frist zur Lieferung auffordern, Folge: Rücktritt vom Kaufvertrag (mögliche Abweichungen beachten)
  3. Unterlagen und Nachweise zur Durchführung des Schadenersatzes sammeln ( z.B. Mietwagen-Rechnung, Arbeitsnachweise bei Auswärtstätigkeiten )

Eine gute Vorlage um in Lieferverzug zu setzen gibt es HIER, bis auf ein paar Abschnitte, welche man anpassen bzw. entfernen kann, ist diese Vorlage durchaus brauchbar.

Es lohnt sich aber in jedem Fall, genauer in die AGB des Autohauses zu schauen, dort wird hin und wieder mal gerne eine verlängerte Frist für die Nachholung bzw. Nachfrist nahezu stillschweigend vereinbart.

Auch ist es sinnvoll, die nötigen Nachweise wie beispielsweise den Einschreiben-Rückschein langfristig aufzubewahren, kommt es nämlich doch mal zu einem Prozess, kann sich dieser Monate oder Jahre hinziehen und die Nachweise können später von immenser Bedeutung sein.


FAZIT

Lieferverzug im Autohaus kann schneller eintreten als man denkt, dies sieht man insbesondere an einigen Modellen und Neuwagen der Autofirmen Seat und Skoda, hier häufen sich die Beschwerden im Internet aufgrund verspäteter Lieferfristen.

Grundsätzlich sollte man natürlich mit dem Autohaus des Vertrauens versuchen auch ohne Gerichtswege eine Lösung zu finden. Den obigen Ablauf kann ich dennoch jedem Kunden empfehlen, der sich einen Neuwagen bestellt hat.

Nur so lassen sich Schäden und Probleme im Nachhinein minimieren, vor allem der schriftliche Ablauf sollte eingehalten werden, bei mündlichen Absprachen liegt die Beweislast beim Kunden, es steht Aussage gegen Aussage. Bürokratie in Deutschland lässt grüßen, in diesem Fall aber sinnvoll, z.B. wenn man nach Briefe per Einschreiben verschickt hat.

Wer unbedingt auf ein Fahrzeug angewiesen ist, sollte einen möglichen Rücktritt vom Kaufvertrag forcieren, so lassen sich beim Autohändler oftmals auch Leihwagen oder weitere Entschädigungen erreichen.

Zu beachten ist auch der Punkt “höhere Gewalt” denn hier muss Kunde leider in den sauren Apfel beißen und die Verzögerungen hinnehmen, immerhin spätestens nach 4 Monaten kann man im Bedarfsfall zurücktreten. Insbesondere bei neueren Fahrzeugmodellen, haben die Autohersteller vorher die Werbetrommel derart stark gerührt, dass sie dann bei Marktstart und entsprechender Nachfrage kaum mit der Arbeit und Leistung nachkommen können.

Lieferverzug im Autohaus ist leider immer öfter der Fall, vermeidbare Fehler der Autohersteller? Man weiß es nicht genau und müsste schon hinter die Kulissen schauen können. Die Abläufe sind jedenfalls immer sehr komplex und Neufahrzeuge, vor allem neuere Modelle hängen nicht selten hinterher. Jedenfalls bleibt auch festzuhalten, die Autohäuser sind in den meisten Fällen nicht die Alleinschuldigen, an der Misere.

Dennoch sind wir Kunden nicht die “Punchingbälle”, die diese Fehler ausbaden müssen, deshalb bei Lieferverzug, sofort die eigenen Rechte einfordern. Wer keine Ansprüche stellt, muss sich im Nachhinein auch nicht wundern, wenn er ewig auf sein Fahrzeug wartet und dazu auch keine weiteren Ansprüche geltend gemacht bekommt.

Euer Autoblogger
Janus Schulz

 

Lieferverzug, was tun?
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Lieferverzug im Autohaus
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Lieferverzug im Autohaus
Description
Lieferverzug bei Neuwagenbestellung im Autohaus. Rechte und Pflichten von Käufern. Wie muss man bei Lieferverzug vorgehen? Welche Fristen sind bei Lieferverzug einzuhalten? Weiteres zum Ablauf bei Lieferverzug in diesem Artikel.
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Growmedia - Autoblog-im.net




4 Gedanken zu „Lieferverzug, was tun?“

  1. Ich bin in der gleichen Situation wie viele andere Autokäufer. Ich habe ein Auto bestellt, aber es wurde nicht geliefert. Ich habe einen Urlaub geplant, aber ich weiß nicht, ob ich ihn antreten kann. Ich bin sehr frustriert und wütend auf den Händler. Dieser Artikel hat mir geholfen, meine Rechte zu verstehen. Ich werde dem Händler eine Nachfrist setzen und ihn in Verzug setzen. Wenn er das Auto nicht liefert, werde ich vom Kaufvertrag zurücktreten oder Schadensersatz verlangen.

  2. Hallo Herr Schulz,

    leider funktioniert der Link in folgendem (Eine gute Vorlage um in Lieferverzug zu setzen gibt es HIER, bis auf ein paar Abschnitte, welche man anpassen bzw. entfernen kann, ist diese Vorlage durchaus brauchbar) nicht.
    Wären Sie so freundlich, ihn hier zu veröffentlichen?

    Mit freundlichen Grüßen und vilen Dank im Voraus
    Ruth Franke

    1. Hallo Ruth,

      ich habe den Link angepasst. Eine ganz gute Vorlage findet sich hier: https://www.gansel-rechtsanwaelte.de/files/userdata/downloads/Musterschreiben/musterschreiben-lieferverzoegerung-neuwagen.rtf

  3. Vielen Dank für diesen Beitrag zum Lieferverzug beim Autohandel. Interessant, dass ein Autohändler unverbindliche Fristen bis zu 10 Tage für bei ihm bereits vorhandene Neuwagen überziehen darf. Ich möchte ein Auto im Autohandel kaufen und da ich es schnell benötige, wollte ich mich hier mal informieren.

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